Die Vereinigung
Die Vereinigung „Gäst_innenhaus Jakob“ wurde im April 2021 in Dannenrod gegründet. Ziel war die Schaffung einer Struktur, die den Ausbau und das Beleben des Gasthauses in Dannenrod als Knotenpunkt einer sozial-ökologischen Transformation
festigt.
Initiiert wurde die Gründung der Vereinigung durch die Visionen der Aktivisti, die vor Ort an den Aufräumarbeiten und Aufarbeitungen der Geschehnisse in Dannenrod beteiligt waren. Geprägt und getragen wurde das Projekt bis hierher
von Menschen aus diesem Kontext, aber auch von Anwohnerinnen, Dorfbewohnerinnen und Menschen der Bürgerinitativen.
Die Ziele der Vereinigung sind weit gefasst und bei der Formulierung der Satzung sind Jahrzehnte der Erfahrung von emanzipatorischen Projekten und Kämpfen so gut wie möglich gehört und miteinbezogen worden. Wir fordern damit die Gesellschaft, uns und unsere Sicht auf Gewohnheiten heraus und laden alle Menschen ein, sich mit unseren Visionen, Gedanken und beschriebenen Vorgehensweisen auseinanderzusetzen.
Die Satzung der Vereinigung „Gäst_innenhaus Jakob“
Präambel: In dieser Satzung werden statt der standardisierten Begriffe im generischen Maskulin entsprechende Begriffe im Feminin verwendet. Zur Erläuterung eine Gegenüberstellung:
§ 1 Name und Sitz der Vereinigung
(1) Die Vereinigung führt den Namen Gäst_innenhaus Jakob e.V. Sie soll in das Vereinigungsregister eingetragen werden.
(2) Sitz der Vereinigung ist der Kreis Vogelsberg.
§ 2 Zwecke der Vereinigung sind:
1. die sozial-ökologische Wandlung hin zu einem gleichberechtigten Miteinander, insbesondere die Depatriarchisierung der Gesellschaft und des alltäglichen Zusammenlebens,
2. der Schutz der Natur und des Klimas des gesamten Planeten und aller darauf lebenden Wesen, sowie ihrer Lebensräume, unter Berücksichtigung der planetaren Grenzen und der natürlichen Regenerationsfähigkeit des Planeten,
3. die Förderung von Bildung, Kunst, Kultur und politischer Teilhabe, insbesondere die Förderung antirassistischer Bildungsarbeit und Ermächtigungsstrukturen,
4. die Förderung und Erhaltung basisdemokratischer Wirkmechanismen,
5. das Erkennen, Sichtbarmachen und die Auflösung struktureller Diskriminierung, wie zum Beispiel Antisemitismus, Rassismus, Sexismus und entstehender oder noch nicht benannter Formen der Diskriminierung,
6. die Ermöglichung und Förderung von Formen des (Zusammen-)Lebens im Sinne der Zwecke dieser Vereinigung.
7. die Ermöglichung und Förderung internationaler Begegnungen zwischen Gruppen, Initiativen und Menschen der Klimagerechtigkeitsbewegung.
Die Zwecke der Vereinigung werden insbesondere verwirklicht durch:
1. die Anwendung des begründeten Konsens bei Entscheidungsprozessen, das heißt: Widerstände gegen eine Entscheidung müssen erläutert werden, es wird nach den Gründen der Ablehnung gefragt und sich mit diesen Bedenken auseinandergesetzt.
Ein bloßes “ich bin dagegen” reicht nicht aus, um eine Entscheidung zu blockieren,
2. die Einbeziehung aller vor Ort anwesenden Menschen in Entscheidungen des täglichen Lebens durch regelmäßige offene und transparente Teilhabe- und Entscheidungsprozesse wie beispielsweise einem täglichen Plenum,
3. der Orientierung an den universellen Lebensprinzipien von Mutter Erde, zum Beispiel durch die Berücksichtigung der planetaren Grenzen und des Rechtes auf Leben für alle Spezies auf diesem Planeten. Wir verstehen uns als
Teil des Organismus „Mutter Erde“, zum Beispiel fördern wir das weibliche Prinzip als lebensbejahende Haltung. Dabei orientieren wir uns an den Denkweisen indigener Gemeinschaften, auch als Aspekt von Dekolonisation. Versorgen,
Carearbeit und Heilen, sozial-ökologische Transformation, regionales Wirtschaften und nachhaltiges Handwerk sollen einen Umbau der Gesellschaft weg von Ausbeutung und Profit hin zu einer Gesellschaft unterstützen, in der
das gute Leben aller Wesen im Mittelpunkt steht, damit es auch uns besser geht.
4. die Verwendung des generischen Feminin in allen Unterlagen und Dokumenten, die die Vereinigung betreffen,
5. die Verwendung des – zum Zeitpunkt der Gründung dieser Vereinigung – in der zapatistischen Bewegung gängigen Rotationsprinzips für Verantwortlichkeiten, das heißt: die personelle Doppelbesetzung von Positionen in so genannten
Tandems, bei denen in regelmäßigen Abständen jeweils die in dem Bereich erfahrenere Mitgliedin mit einer unerfahreneren Mitgliedin tauscht,
6. die Ermöglichung des barrierefreien Zugangs zu räumlichen und informellen Strukturen der Vereinigung und die Sicherstellung der Inklusivität ihrer Angebote,
7. eine permanente, transparente und zugängliche Dokumentation aller Strukturen vor Ort,
8. rotierende Basisarbeit, geltend für alle im Haus wirkenden Menschen, um Verantwortlichkeit transparent zu machen und um Hierarchiebildung zu vermeiden. Zur Basisarbeit gehören alle notwendigen Arbeiten, wie auch technische
Infrastruktur, Finanzen oder der Abwasch. Rotierend bedeutet, dass alle Carearbeit möglichst von allen ausgeführt wird,
9. die Schaffung und Ermöglichung von kontinuierlichen oder regelmäßigen Räumen und Prozessen für antirassistische Aufarbeitungs- und Aufklärungsarbeit – insbesondere auch für die der Vereinigung räumlich oder strukturell
angegliederten Projekte und Menschen,
10. die Förderung antifaschistischer Bildungsarbeit,
11. die Verankerung von antipatriarchalen Strukturen und Prozessen (zum Beispiel ADAPTA), welche die Vereinigung und die der Vereinigung räumlich oder strukturell angegliederten Projekte und Menschen begleitet,
12. eine regelmäßige Retrospektive, bei der Menschen von außen konsultiert und in den Prozess eingebunden werden können,
13. eine Haus- und Liegenschaftsordnung,
14. die Förderung und Ermöglichung politischer Versammlungen im Sinne der Zwecke der Vereinigung,
15. die Schaffung von Bildungsangeboten im Sinne der Zwecke der Vereinigung – insbesondere, aber nicht ausschließlich, in Bezug auf nachhaltige Entwicklung,
16. die Bereitstellung und Erhaltung von Räumen für Kunst und Kultur,
17. das Ermöglichen und die Förderung solidarischer Landwirtschaft.
§ 3 Geschäftsjahr
Das Geschäftsjahr der Vereinigung beginnt am 21.03. eines Kalenderjahres und endet somit am 20.03. des folgenden Kalenderjahres der derzeit juristisch anerkannten Zeitrechnung.
§ 4 Mitgliedinnenschaft
(1) Mitgliedin der Vereinigung kann jede natürliche oder juristische Person werden.
(2) Es gibt 2 unterschiedliche Arten von Mitgliedinnen:
a) Fördermitgliedinnen, welche kein Stimmrecht in den Mitgliedinnenversammlungen haben. Födermitgliedinnen haben auschließlich das Recht, an der Mitgliedinnenversammlung teilzunehmen und das gesetzlich vorgeschriebene Minderheitenrecht nach § 37 BGB. Die Aufnahme ist schriftlich zu beantragen. Über den Aufnahmenantrag von Fördermitgliedinnen entscheidet die bearbeitende ordentliche Mitgliedin unter Rücksprache mit einer weiteren ordentlichen Mitgliedin. Eine Ablehnung ist ohne Angabe von Gründen möglich.
Ordentliche Mitgliedinnen, welche nicht ausschließlich Fördermitgliedinnen sind, werden von drei ordentlichen Mitgliedinnen empfohlen (Matinnen). Jede Mitgliedin kann innerhalb von vier Wochen nur eine Empfehlung aussprechen.
(3) Die Mitgliedschaft endet
a) mit dem Tod der Mitgliedin
b) mit der Auflösung der Mitgliedin
c) durch schriftliche Austrittserklärung, gerichtet an eine Vorstehendemitgliedin. Sie ist nur zum Schluss unseres Geschäftsjahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zulässig,
d) durch Ausschluss aus der Vereinigung, dies ist möglich durch: I. die Mitgliedinnenversammlung, diese kann mit 2/3 der anwesenden aktiven Mitgliedinnen den Ausschluss – nach Anhörung der Betroffenen – aussprechen. Die Gründe sind der Betroffenen 2 Wochen vor der Mitgliedinnenversammlung durch die Vorstehende schriftlich mitzuteilen. II. den Ausschluss aufgrund der schweren Verletzung der Ziele der Vereinigung und/oder der anhaltenden Verweigerung der Auseinandersetzung mit den Zielen und Herausforderungen der Vereinigung. Dieser kann durch mindestens drei Mitgliedinnen erfolgen, hierfür bedarf es der Bekanntgabe des Ausschlusses der Mitgliedinnen vor Ort, sowie im Nachtrag schriftlich erklärt gegenüber den Vorstehenden über den digitalen oder schriftlichen Postweg. Eine Mitgliedinnenversammlung kann diesen Ausschluss mit einer einfachen Mehrheit der anwesenden aktiven Mitgliedinnen innerhalb eines Monats begründet zurücknehmen. Der ausgeschlossenen Mitgliedin wird in beiden Fällen die Möglichkeit gegeben, 3 Monate nach erfolgtem Ausschluss eine erneute Anhörung zu verlangen. Wenn die Mitgliedinnenschaft weiterhin versagt bleibt, hat die Ausgeschlossene nach 2 Jahren das Recht auf erneute Anhörung.
§ 5 Beiträge
Die Höhe, Staffelung und Gestaltung der Mitgliedinnenbeiträge wird durch die Mitgliedinnenversammlung in der Beitragsordnung festgelegt.
§ 6 Organe
Die Organe der Vereinigung sind
a) die Vorstehende
b) die Mitgliedinnenversammlung.
§ 7 Die Vorstehende
(1) Die Vorstehende der Vereinigung besteht aus mindestens 2 Vorsitzenden.
(2) Es gibt Vorsitzenden-Tandems, die paritätisch aus einer weiblich und männlich gelesenen Person besetzt werden sollen. Jede Vorsitzende ist für 2 Jahre im Amt. Wenn zwischen den Nominierungen ein Jahr Verzug ist, arbeitet das Tandem mit einer erfahrenen und einer neu hinzukommenden Vorsitzenden. Das bedingt, dass zum Start eines Tandems die Vorsitzende 1 oder 3 Jahre im Amt bleiben muss. Eine Wiederwahl ist zulässig. Die Vorsitzenden bleiben bis zur Neuwahl im Amt.
(3) Die Vertretungsberechtigung nach Außen wird durch die Zustimmung von zwei Vorsitzenden erlangt.
(4) Die Vorstehende ist an die Geschäftsordnung gebunden, die von der Mitgliedinnenversammlung beschlossen wird.
§ 8 Die Mitgliedinnenversammlung
(1) Die Mitgliedinnenversammlung beschließt insbesondere über die Wahl der Vorstehenden, die Entlastung der Vorstehenden, die Prüfung und Genehmigung der Jahresabrechnung, Änderungen der Satzung und Auflösung der Vereinigung, Aufnahme und Ausschluss von Mitgliedinnen, über die Geschäftsordnung der Vorstehenden, die Haus- und Liegenschaftsordnung und die Beitragsordnung.
(2) Mitgliedinnenversammlungen finden mindestens jährlich statt. Näheres regelt die Mitgliedinnenversammlung in der Sitzungsordnung.
(3) Eine außerordentliche Mitgliedinnenversammlung ist einzuberufen, wenn 1/10 der Mitgliedinnen dies durch schriftlichen Antrag fordert. In diesem Fall muss die Einberufung spätestens sechs Wochen nach Eingang des Antrages erfolgen. In diesen Fällen ist eine Onlineteilnahme der Mitgliedinnen zu ermöglichen.
(4) Für Satzungsänderungen, Ausschlussverfahren, Auflösung der Vereinigung oder bei Einberufung der Mitgliedinnenversammlung durch die Mitgliedinnen, wie in § 8 Absatz 3 beschrieben, muss eingeladen werden. Die Einladung zur Mitgliedinnenversammlung erfolgt auf dem von den Mitgliedinnen gewählten Kommunikationsweg (E-Mail, schriftlich per Post, SMS, Messenger) mit einer Frist von vier Wochen unter Bekanntgabe der Tagesordnung.
(5) Die Mitgliedinnenversammlung ist beschlussfähig, wenn sie ordnungsgemäß einberufen wurde.
(6) Beschlüsse werden im begründeten Konsens gefasst: wenn in einer Entscheidung in zwei aufeinanderfolgenden Mitgliedinnenversammlungen kein Konsens gefunden werden kann, kann eine Entscheidung in der darauf folgenden Mitgliedinnenversammlung im Konsens – mit 2 Gegenstimmen – getroffen werden. Eine solche Entscheidung wird nach drei Monaten nochmal in einer Mitgliedinnenversammlung bewertet und bei weiterem Widerstand mit einer erneuten Frist von 6 Monaten zur Überprüfung versehen.
(7) Über die Beschlüsse wird eine Niederschrift gefertigt, die von der Schreibenden zu unterzeichnen ist.
(8) Die Mitgliedinnenversammlung beschließt eine Finanzordnung, in der Ausgabenlimits und Verfügungsentscheidungsstrukturen vereinigungsintern geregelt werden. Änderungen der Finanzordnung sind nach Bestätigung der nachfolgenden ordentlichen Mitgliedinnenversammlung gültig.
§ 9 Finanzen
(1) Die Vereinigung finanziert sich aus Mitgliedinnenbeiträgen, Spenden, Fördergeldern und Zuschüssen.
(2) Die Mitgliedinnen erhalten in ihrer Eigenschaft als Mitgliedinnen keine Zuwendungen aus Mitteln der Vereinigung.
(3) Die Vereinigung kann Arbeiten, Aufträge oder Serviceleistungen in Auftrag geben, hierfür können auch Mitgliedinnen in Frage kommen.
(4) Mitgliedinnen können für Arbeiten im Sinne der Zwecke der Vereinigung eine angemessene Aufwandsentschädigung erhalten. Näheres regelt die Geschäftsordnung, die von der Mitgliedinnenversammlung beschlossen wird.
(5) Ausscheidende Mitgliedinnen haben keinen Anspruch auf das Vereinigungsvermögen.
§ 10 Auflösung der Vereinigung und Anfall des Vereinigungsvermögens
Bei Auflösung oder Aufhebung der Vereinigung ist das Vermögen an eine Vereinigung zu übergeben, die sich speziell dem Naturschutz im Sinne von § 2 Nummer 2 dieser Satzung widmet.
§ 11 Datenschutz
Die Daten der Mitgliedinnen werden unter Berücksichtigung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) verarbeitet und gespeichert. Für den Zweck der Mitgliedinnenverwaltung werden personenbezogene Daten erhoben und elektronisch gespeichert, sowie zum Zwecke der Information und Einladung der jeweiligen Mitgliedin verwendet. Für diese vereinigungsinternen Zwecke werden folgende Daten erhoben: Name, Vorname, Geburtsdatum, gewählte Erreichbarkeit (Postadresse, Telefonnummer/Kommunikationskanal oder Email), Funktion in der Vereinigung, Mitgliedinnenstatus. Offizielle Funktionsträgerinnen werden in pflichtgemäßen Mitteilungen benannt und sind damit über das Registergericht öffentlich einsehbar. Wir versuchen nach bestem Wissen und Gewissen unsere persönlichen Daten vor unbefugtem Zugriff zu sichern.
Die Satzung wurde auf der Gründungsversammlung am 05.04.2021 beschlossen.